de\en
01. Mai — 26. Juni 2022

Hulda Rós Gudnadottir S-I-L-I-C-A-0-1

Hulda Rós Gudnadottir

Scharaun lädt ein zur Ausstellung

Hulda Rós Gudnadottir
S-I-L-I-C-A-0-1

Künstlergespräch

Mittwoch, 22. Juni 2022 um 18h

Hulda Rós Gudnadóttir spricht mit Cassandra Edlefsen Lasch und dem eingeladenen Gast und Solaringenieur Brian Edlefsen Lasch über die Feinheiten der Materialverarbeitung und diverse Perspektiven, wie man diese Themen durch die künstlerische Linse betrachten kann. Das Künstlergespräch findet in englischer Sprache im Rahmen der Ausstellung S-I-L-I-C-A-0-1 bei Scharaun statt.

Ausstellung vom 1. Mai - 26. Juni 2022
Öffnungszeiten nach Vereinbarung unter info@scharaun.de

Hulda Rós Gudnadottir mobilisiert uns als Betrachter*in, auf eine persönliche Reise durch unsere eigenen Vorstellungen und Erfahrungen aufzubrechen, bei der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sich zu möglichen neue Realitäten verbinden.“ - Galeristin Gudny Gudmundsdottir im Katalog Swimming Pool Troubled Waters
> Mit der Ausstellung S-I-L-I-C-A-0-1 bei Scharaun hebt die Künstlerin von ihrem vorherigen Projekt Keep Frozen ab und zeigt eine erste Instanz aus ihrem neuen Forschungsprojekt, bei dem sie in die Welt des globalen Produktionsprozesses von Unternehmen eintaucht.

Noch nie in der Geschichte der Welt gab es so viel Verkehr auf den Ozeanen. Auf uralten Flüssen, die früher von Meeressäugetieren und später von Händlern und Siedlern beherrscht wurden, übernimmt der Seeverkehr die natürlichen Wege und folgt gleichzeitig kolonialen Mustern. Mit dieser Referenz als Grundlage für ihre forschungsbasierte Praxis bringt Hulda Rós Guðnadóttir eine zutiefst menschliche Perspektive in die abstrakten Prozesse des Extraktivismus ein, indem sie dessen Komplexität in den Vordergrund rückt und gleichzeitig die vereinfachende Vermarktung durch die globalen Machtakteure umgeht.
Die 80 x 120 cm großen Fotografien in der Ausstellung sind Teil einer Langzeitstudie über die Herstellung von Solarzellen, die auch die Gewinnung von Siliziumdioxid und Kohle, den Anbau von Eukalyptusbäumen in Monokulturen und die Gewinnung von heißem Wasser als geothermische Energie umfasst. Als Teil ihres Arbeitsprozesses werden Hunderte von Fotos und Videoclips im Rohformat, die sie vor Ort in Australien und Island aufgenommen hat, anhand von Mustern, Farben und Formen ausgewählt, um der visuellen Realität des Extraktivismus weitere Nuancen zu verleihen.

Großflächige Muster werden hervorgehoben und mit der tiefgreifenden Zeitlichkeit der Handlungen in Verbindung gebracht. Unterschiedliche Themen, Elemente und Formen schaffen eine Erzählung, die sich von den oberflächlichen Untersuchungen dieser Themen abhebt, ähnlich wie Otobong Nkangas Forschungen über die Komplexität von Ressourcen und die Geschichten, die wir über die Beziehung zwischen Mensch und Kultur erzählen, und John Akomfrahs weitreichende visuelle Verbindungen, die über Medien, Zeiträume und Geografien hinweg hergestellt werden.
Es entstehen neue Affinitäten, die die Begriffe "grüne" (Erdwärme und Solarenergie) und "nicht-grüne" (fossile Brennstoffe, Kohle, Gasemissionen, Wassernutzung) Energien überdenken und zeigen, dass der Prozess eine Manifestation des massiven Transports von Rohstoffen und Produkten ist, die rund um den Globus transportiert werden: ein wesentlicher Teil der heutigen Produktionsweise.

Diese erste Ausstellung im Rahmen des neuen Forschungsprojekts S-I-L-I-C-A umfasst ausserdem eine Videoschleife mit Ausschnitten aus der Produktion eines sich in der Entwicklung befindlichen Spielfilms, die es ermöglicht, sich zusammen mit der Künstlerin auf bestimmte Details der Filmforschung zu konzentrieren. Im Gegensatz zur Filmsequenz wird der Videoloop selbst extrahiert und erinnert den Betrachter an seine Rolle als Zuschauer, der das Material durch die Mechanik des Kameraobjektivs beobachtet. Als Ergebnis einer Zusammenarbeit (mit der Choreografin Margret Sara Gudjónsdóttir, der Tänzerin Karolina Ginman, der Kamera von Oliver Lechner und Kompositionen von Gudny Gudmundsdóttir) experimentiert der Videoloop mit dem Körper in Mittelpunkt des Diskurses. Die Grundla- gen der Umweltbewegung, die die Natur als eine separate, unberührte Einheit betrachtet, mit der sich der Mensch wieder verbinden muss, um sie vor seiner eigenen Ausbeutung zu bewahren, werden in diesem Video als ein Organismus mit unklaren inneren und äußeren Grenzen dargestellt, der wiederum in ständiger Interaktion mit vielen Umgebungen steht. Wenn wir den Körper als den Ort betrachten, an dem wir die Natur in all ihren Erscheinungsformen erleben – sei es als Blume, Mobiltelefon oder Fabrik – anstatt die Natur als abstraktes Hyperobjekt zu betrachten, wird uns die visuelle Symbiose bewusst, die der gesamten Forschung zugrunde liegt: Alles, was in unserer Umgebung greifbar ist, kann als etwas Positives betrachtet werden. Doch als sichtbare Form erfordert dieses Positiv – wie ein Positiv in einem Bild – auch ein Negativ. Dieses Negativ kann z.B. ein Loch in der Erdkruste sein. Denn Natur – auch wenn sie künstlich erscheint – ist nicht möglich oder denkbar, ohne dass aus ihr Rohstoffe gewonnen werden.

Als isländischen Künstlern trägt Gudnadóttir zu einer Vielzahl an Überlegungen über die isländische Landschaft und ihrer Darstellung bei. Gudnadóttirs Forschung nimmt somit immer wieder eine Form sozialer Anthropologie an, die Islands koloniale Vergangenheit beleuchtet und sie in den Kontext globaler Muster des Extraktivismus stellt. Somit hinterfragt Gudnadóttir die ideologischen Implikationen gegenwärtiger Umweltschutzbewegungen jenseits derer Marketingaspekte, und ermöglicht dem Be- trachter auf diese Weise im Bild selbst zu verweilen, und somit ein Teil besagter “Umwelt” zu werden.

Text: Erin Honeycutt

Choreographie: Margrét Sara Guðjónsdóttir
Tänzerin: Karolina Ginman
Kamera: Oliver Lechner
Ton: Gudny Gudmundsdóttir
Nachbearbeitung: perDU.film
Druck und Rahmung: d'mage


Eröffnung:
15 - 21 Uhr am Sonntag, 1. Mai 2022

Scharaun
Jungfernheideweg 4
13629 Berlin-Siemensstadt
U-Bhf Siemensdamm
info@scharaun.de

With friendly support by

LAUNASJODUR ARTISTS'
LISTAMANNA SALARY FUND

Hulda Rós Gudnadottir S-I-L-I-C-A-0-1 2022