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01. Mai — 10. Juli 2021

KINO SIEMENSSTADT Der Komplex Arbeit

Kuratiert von Olaf Stüber und Jaro Straub

Die zehnwöchige Online-Filmreihe KINO SIEMENSSTADT - Der Komplex Arbeit und die begleitende Ausstellung Anette Rose Techno Textiles im SCHARAUN Projektraum für Kunst und Architektur lässt Künstler*innen anhand ausgewählter Filme und Videos zum Thema „Arbeit“ zu Wort kommen:

Darren Almond, Celine Berger, Hartmut Bitomsky, Filipa César, Chen Chieh-Jen, Chto Delat, Jeremy Deller, Justine Emard, Antje Engelmann, Harun Farocki, Alex Gerbaulet, Assaf Gruber, Hulda Rós Gudnadottir, Laura Horelli, Mikhail Karikis, Eléonore de Montesquiou, Hira Nabi, Henrike Naumann, Wendelien van Oldenborgh, Adrian Paci, Cora Piantoni, Anette Rose, Sandra Schäfer, Romana Schmalisch & Robert Schlicht, Melanie Smith, Caspar Stracke, Jean-Marie Straub & Danièle Huillet, Pilvi Takala, Clemens von Wedemeyer, Ina Wudtke


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Programm #10 vom 3. Juli - 10. Juli:
Henrike Naumann, Ina Wudtke, Antje Engelmann

Programm #9 vom 26. Juni - 3. Juli:
Hulda Rós Gudnadottir, Mikhail Karikis, Darren Almond

Programm #8 vom 19. Juni - 26. Juni:
Melanie Smith, Wendelien van Oldenborgh, Filipa César, Chen Chieh-jen

Programm #7 vom 12. Juni - 19. Juni:
Cora Piantoni, Jean-Marie Straub & Danièle Huillet, Clemens von Wedemeyer, Sandra Schäfer

Programm #6 vom 5. Juni - 12. Juni:
Justine Emard, Harun Farocki, Anette Rose, Romana Schmalisch & Robert Schlicht

Programm #5 vom 29. Mai - 5. Juni:
Hartmut Bitomsky, Alex Gerbaulet, Clemens von Wedemeyer, Cora Piantoni, Harun Farocki

Programm #4 vom 22. Mai - 29. Mai:
Pilvi Takala, Celine Berger, 
Romana Schmalisch & Robert Schlicht

Programm #3 vom 15.Mai - 22. Mai:
Chto Delat, 
Assaf Gruber, Eléonore de Montesquiou

Programm #2 vom 8. Mai - 15. Mai:
Laura Horelli, Adrian Paci, Hira Nabi

Programm #1 vom 1. Mai - 8. Mai:
Jeremy Deller, Mikhail Karikis, Chen Chieh-jen, Caspar Stracke

KINO SIEMENSSTADT - Der Komplex Arbeit ist der zweite Teil der Online-Filmreihe, die in diesem Jahr den Fokus auf Siemensstadt als Arbeiterviertel und den Wandel des Begriffs sowie das Verständnis von Arbeit im Bereich Künstlerfilm und Video setzt. Dies geschieht nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass das Unternehmen Siemens und der Berliner Senat mit ihrem gemeinsam initiierten Zukunftsprojekt Siemensstadt 2.0 (voraussichtlich bis 2030) für Siemensstadt zukunftsweisende urbane und soziale Umstrukturierungen planen.

Film und Arbeit gingen schon sehr früh eine Symbiose ein. Der wohl erste Film zum Thema – „Arbeiter verlassen die Lumière-Werke“ – wurde 1895 von den Brüdern Lumière erstellt. Dieses frühe Zeitdokument zeigt in einer einzigen Einstellung, wie die zahlreichen Mitarbeiter*innen der fotografischen Fabrik zur Mittagspause das Werksgelände verlassen.

Das Bild und unser Verständnis von Arbeit, insbesondere der Lohnarbeit, aber auch das Selbstverständnis der Arbeiter*innen, hat sich seit dieser Zeit stark gewandelt. Ende des 19. Jahrhunderts bildeten sich in Europa die ersten Arbeitergesellschaften und die proletarische Frauenbewegung, die den Schutz, den Fortschritt und die vollständige Emanzipation der Arbeiterklasse zum Ziel hatten.

Schon die Industrialisierung hatte die Vorstellung von Arbeit grundlegend verändert: Arbeiter*innen und die Arbeitskraft wurden zu Ware. Menschen waren auf einen Lohn angewiesen, der von einer anderen Person gezahlt wurde. Ein zentrales Thema des Filmprogramms zum Komplex Arbeit ist die Frage, wie Filmemacher*innen dieser Abhängigkeit und den sozialen Spannungen nachgehen, die aus der Kapitalisierung von Arbeitskraft entstehen. Nach welchen dramaturgischen Gesichtspunkten können Bilder der Arbeit jenseits von Propaganda festgehalten und als solche sichtbar gemacht werden.
Harun Farocki stellt in seinem Film „Was man sieht“ (1986) fest, dass „das Kapital die Arbeit in Dienst nimmt und sie hinter Mauern verbirgt“ und folgt der Idee Hannah Arendts, dass die Arbeit versteckt wird, weil die Arbeitsgesellschaft sich ihrer schämt.

Diese Art der Abhängigkeit war neu. Seither nimmt die Arbeit eine Schlüsselposition ein und macht in unserer Gesellschaft bis heute die Position eines Menschen aus. Sie ist die Eigenschaft, durch die wir uns selbst definieren. Mit diesen Fragestellungen setzt sich eine jüngere Generation von Filmemacher*innen verstärkt auseinander, vor dem Hintergrund, dass die meisten Menschen nicht mehr im industriellen und verarbeitenden Sektor tätig sind.
Den Arbeiter, wie er aus den Lumière-Werken kommt, gibt es in unserer westlichen Gesellschaft so fast nicht mehr. Die moderne Lohnarbeit ist heute eher im Dienstleistungssektor oder gar im Informationssektor angesiedelt. Was seit den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts an Arbeitsrechten und Arbeitsbedingungen (Mindestlohn, Arbeitszeit, Versicherung, etc.) erkämpft und verhandelt worden ist, droht seit einigen Jahren durch die Globalisierung und Import von Billiglohnkräften bzw. Export von Produktionen in Schwellenländer wieder in Gefahr zu geraten.

Titelgebend für die Reihe KINO SIEMENSSTADT ist das ehemalige Filmtheater in der Nonnendammallee 96 in Berlin-Siemensstadt, das von 1931 bis 1962 eine der wenigen Unterhaltungsmöglichkeiten für die Siemens-Arbeiter*innen und ihre Angehörigen darstellte.

Der erste Teil der Online-Filmreihe (Mai bis August 2020) ging unter dem Titel „Das Bild einer Stadt im Raum des Kinos“ der Frage nach, wie sich die Themen Raum und Architektur im Bereich Künstlerfilm und Video widerspiegeln. Wie es der zeitgenössischen Kunst gelingt, die Geschichte und die Geschichten der Stadt in Bilder zu übersetzen und wieweit sie dabei den aktuellen Diskurs über (historische) Architektur weiterführen kann, auch und gerade wenn die Intention über das rein Dokumentarische hinausgeht.


Mit freundlicher Unterstützung von


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